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Wohnhaus Hauptstraße 38, Reutlingen-Gönningen

Eine spätmittelalterliche „gute Stube“.


Das einstige Wohnhaus steht in einer Reihe mehrstöckiger Fachwerkhäuser „unten im Dorf“, die vom Wohlstand ihrer damaligen Besitzer zeugen.


Ein Highlight dieses 1509 erbauten Gebäudes ist die einst repräsentative „gute Stube“ im ersten Obergeschoss, mit einer fast durchgehenden, wandhohen Holzvertäfelung aus dem 18. Jhdt. und einer bauzeitlichen gewölbten Balken-Bretter-Decke.

Dass diese Decke mit dem Bau des Hauses geplant war, kann man an der Südwestfassade erkennen: deutlich ist auf der rechten Seite oberhalb der Fenster der gebogene Balken zu erkennen, in den die Balken der gewölbten Decke einzapfen.


Die Entwicklung der Balken-Bretter-Decke war bereits im Mittelalter ausgeprägt: an die Deckenbalken brachte man Nuten oder Aussparungen an und schob in diese Bretter oder Bohlen ein. Der so entstandene Zwischenraum zwischen Laufebene und Decke wurde oft mit verschiedenen Materialien, wie z.B. Spreu, Sägespänen, aber auch Kies, Sand oder einer Stroh-Lehm-Mischung gefüllt, was zur Wärmedämmung, aber auch als Schall- und Brandschutz diente.


Die Decke in Gönningen übergreift interessanterweise die Firstachse, die Wölbung hat sich jedoch inzwischen aufgrund der Bewegungen des Hauses über die Jahrhunderte verschoben, was eine Herausforderung bei der Restaurierung sein wird.


Die wandhohe Holzvertäfelung in der Stube ist an zwei Wänden aufgeteilt in Felder mit abgeplatteten Füllungen. Ihren heute sichtbaren lindgrünen Anstrich erhielt sie erst am Ende des 19./Anfang des 20. Jhdt. Etwa um diese Zeit wurde wohl ein Teil der Nordwestwand erneuert und darauf die Vertäfelung durch entsprechende Wandmalerei lediglich vorgetäuscht. Es ist gut möglich, dass sowohl Decke als auch Vertäfelung über lange Zeit nur holzsichtig waren.


Bildnachweis Grafik: Aufbau einer gewölbten Balken-Bretter-Decke, aus: Thomas Eißing, Vorindustrieller Holzbau in Südwestdeutschland und der deutschsprachigen Schweiz, Esslingen 2012, Abb. S.89

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